Alles nach Plan: eine Stadt für die Hugenotten
1686 setzt Markgraf Christian Ernst von Brandenburg-Bayreuth ein ehrgeiziges Vorhaben in die Tat um: Für die aus Frankreich geflohenen Hugenotten lässt er – wenn auch nicht ohne wirtschaftliche Hintergedanken – in Erlangen eine eigene Stadt errichten.
Seit 1644 ist Christian Ernst bereits Markgraf von Brandenburg-Bayreuth und damit auch von Erlangen, einem bis dahin unbedeutendem kleinen Ort in Nürnbergs Nachbarschaft. 1686 hat er bereits eine militärische Karriere hinter sich und ist als Förderer der Kunst bekannt.
Sein größter Coup folgt jedoch jetzt. Der Dreißigjährige Krieg hat das Land ausgeblutet, die Wirtschaft liegt am Boden und Fachkräfte sind rar. Gleichzeitig ist eine Viertelmillion tüchtiger Kaufleute und moderner Handwerker auf der Flucht: die Hugenotten, aufgrund ihres protestantischen Glaubens von Ludwig XIV. aus Frankreich vertrieben.
Genau diese will Christian Ernst für die wirtschaftliche Förderung in sein Markgraftum holen. Er schickt Werber in die Schweiz, wo viele Glaubensflüchtlinge eine erste Zuflucht gefunden haben. Christian Ernst ist damit einer der ersten lutherischen Fürsten, die in Deutschland französisch-reformierte Calvinisten aufnehmen.
Christian Ernst verspricht den Hugenotten nicht nur eine Art früher „Green Card”, sondern neben weitreichenden Rechten und Privilegien sogar eine eigene Stadt.
Das Versprechen hält er: Nur wenige Meter südlich des Ackerbürgerstädtchens Erlangen beginnt er mit dem Bau einer barocken Planstadt, deren Ordnung der Straßenzüge die Ordnung im Staatswesen des Markgrafen widerspiegeln soll. Das Vorhaben gelingt: Noch heute prägen die elegante Erlanger „Neustadt” symmetrisch zur Hauptstraße angelegte Baublöcke, schnurgerade Straßen- und Platzfronten sowie einheitliche zwei- und dreigeschossige Häuser.
Das erste Gebäude, das Christian Ernst 1686 in Angriff nimmt, ist die Hugenottenkirche, deren Bau genau den Bedürfnissen der Hugenotten entspricht: Das Wort steht klar im Vordergrund, deshalb gibt es im Oval der Kirche kein Kreuz, keine Kerzen und keinen Altar. In den Mittelpunkt rücken Kanzel und Abendmahlstisch.
Zwar wird die Kirche das erste Gebäude der neuen Stadt – als jedoch die ersten Hugenotten in Erlangen ankommen, ist noch kein einziger Spatenstich getan. Bis im Verlauf des ersten Jahres rund ein Viertel der geplanten Stadtanlage fertig wird, quartiert der Markgraf die Franzosen kurzerhand bei den Erlanger Altstädtern ein: Rund 1.200 Flüchtlinge kommen schließlich auf die nur 500 bis 600 eingesessenen Erlanger.
Doch alle Mühen der ersten Zeit lohnen sich und die Hugenottenstadt entwickelt sich dank des klugen markgräflichen Schachzugs zu einem wichtigen Wirtschaftszentrum – vor allem dank hugenottischer Gewerbe wie Hutmacherei, Strumpfwirkerei und Handschuhmacherei.