Im Arkadien der Markgräfin
Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth (1709-1758) zählt ohne Zweifel zu den bedeutendsten Frauengestalten des 18. Jahrhunderts. Ihre außergewöhnlich große Liebe zur Kunst und zur Welt des Geistes bestimmen ihr Leben – sie macht aus Bayreuth eine eindrucksvolle Residenzstadt.
Am 3. Juli 1709 erblickt Prinzessin Friederike Sophie Wilhelmine aus dem Hause Hohenzollern das Licht der Welt. Für den Soldatenkönig Wilhelm I. von Preußen und seine Gattin Sophie Dorothea ist sie das erste Kind, das überlebt – neun weitere Geschwister sollen folgen.
Die Kindheit am preußischen Hof ist nicht einfach für die kleine Wilhelmine. Hier herrscht nicht nur ein strenges Regiment, sondern sie wird auch früh als „politisches Kapital” angesehen. Eine außergewöhnlich enge Beziehung hat die junge Prinzessin zu ihrem Bruder Friedrich, der wie sie musisch sehr begabt ist. Später regiert er als Friedrich der Große – bis zu ihrem Tod bleibt Wilhelmine seine Lieblingsschwester.
Doch zunächst gilt es, die Prinzessin politisch wirksam zu verheiraten. Allerdings scheitert die geplante Verbindung ins englische Königshaus und Wilhelmine wird schließlich mit dem Bayreuther Erbprinzen Friedrich (1711-1763) vermählt.
Wilhelmine hat Glück: Sie und ihren Mann verbindet nicht nur politisches Kalkül, sondern tatsächlich Liebe. Nur ihre neue Residenzstadt Bayreuth entspricht überhaupt nicht ihren Vorstellungen. Als Frau der Tat und des aufgeklärten Absolutismus beginnt Wilhelmine, ihre neue Heimat nach ihren Wünschen umzugestalten.
So nimmt sie intensiven Einfluss auf die Planung und Ausstattung der Bayreuther Schlösser und die Gestaltung der Gartenanlagen, die als Ensemble einzigartig in Europa sind. Das Neue Schloss, die Eremitage, der Hofgarten, Schloss Fantaisie und das Markgräfliche Opernhaus, das heute zum UNESCO-Welterbe zählt, tragen die Handschrift Wilhelmines. In nur zwei Jahrzehnten erschafft sie Bayreuth praktisch neu und verwandelt es in ihr eigenes Arkadien.
Die Markgräfin sieht sich aber nicht nur als Bauherrin: Sie ist ein durch und durch musisches Wesen – in allen Bereichen der Kultur. Wilhelmine malt, komponiert, verfasst Bühnenwerke, führt Regie und steht gelegentlich auch selbst auf der Bühne.
Ihr Horizont geht weit über Bayreuth, das ihr trotz allem immer etwas zu eng bleibt, hinaus: Als Schriftstellerin ist sie international bekannt, Geistesgrößen ihrer Zeit wie etwa Voltaire schätzen den Ausstausch mit ihr.
Noch heute atmet Bayreuth die Inspiration, die im 18. Jahrhundert von Wilhelmine ausgeht. Doch wen die Götter lieben, den holen sie früh zu sich: Am 14. Oktober 1758 stirbt Wilhelmine als eine der wichtigsten Repräsentantinnen des aufgeklärten Absolutismus im Alter von nur 49 Jahren.