Ein Hetzgarten für die fürstliche Beute
Die brandenburgisch-preußischen Hohenzollern lieben die Jagd in der Schorfheide. Keine 50 Kilometer liegen zwischen ihrer Residenzstadt Berlin und ihrem Jagdschloss Schorfheide. Markgrafen und Kurfürsten, Könige und Kaiser frönen hier über Jahrhunderte hinweg ihrer Jagdlust.
Im Visier haben sie dabei ganz unterschiedliche Tiere – von Bibern und Ottern bis hin zu Luchsen, Wildschweinen und Bären. Das ist nicht immer ungefährlich: 1522 stößt der Kurprinz und spätere Kurfürst Joachim II. mit einem Bären zusammen, der ihm die Kleidung vollständig aufreißt. Elf Jahre später ist es sein Vater Joachim I., der sich einen Kampf mit einem Keiler liefert und ihn bis in die Dunkelheit hinein verfolgt. Allerdings findet der Kurfürst nicht mehr den Weg zurück; erst ein Köhler bringt ihn wohlbehalten zurück.
Besonders beliebt im 16. und 17. Jahrhundert ist die Jagd auf Wölfe. Sie sind damals in der Schorfheide heimisch und werden als Konkurrent für das begehrte Wild angesehen. Die damals einfachste Jagdmethode ist es, sie in einem Hetzgarten zu fangen: ein mit hölzernen Pfählen eingezäuntes Areal, das ähnlich einem Stadion mit einer Tribüne versehen ist.
Der Wolfsgarten in der Schorfheide wird 1633 von den umliegenden Städten und Dörfern auf fürstliches Geheiß errichtet. Seine Grundfläche von 799 Quadratmetern umgibt ein über 3 Meter hoher Zaun aus Holzplanken. Die Holzteile stecken mindestens 1,25 Meter tief in der Erde, damit sich die Wölfe nicht den Weg in die Freiheit graben können.
Den Mittelpunkt des Hetzgarten bildet eine 5 Meter tiefe Grube. Zwei lebendige Enten, die an einen Pfahl in der Grube angebunden werden, dienen als Lockmittel für den Wolf, der durch ein Tor in die Grube gelangt und dadurch eine Selbstschussanlage auslöst.
Eine andere, sehr alte Fangmethode bedient sich dem Wolfszeug, das ebenfalls zur Jagdausstattung des Schlosses gehört: Es umfasst sechs Netze von je 100 Metern Länge und 40 bis 100 Bund Leinenlappen, die an ein Seil angenäht werden. Ebenso nötig sind meterlange Holzstangen sowie Haken, um die Netze zu befestigen.
Sobald Neuschnee fällt und ein Spurreiter im Schnee Wolfsspuren entdeckt, müssen die Einwohner der umliegenden Orte sich bei festgelegten Stellplätzen einfinden. Das Waldstück, in dem der Wolf vermutet wird, wird nun von zwei Seiten mit Lappen und in der Mitte mit Netzen „eingelappt“ – eine Arbeit, mit der bis zu 180 Leute beschäftigt sind.
Mit dem Ertönen des Jagdsignals bleibt ein Teil von ihnen außen an den Lappen und Netzen: Versucht ein Wolf zu fliehen, treiben diese „Schrecker“ ihn mit Stöcken und dem Bewegen der Leinen zurück: Die bunten, flatternden Lappen erschrecken die Tiere und halten sie vom „Ausbruch“ ab. Der Rest der Anwesenden versucht, den Wolf in die Richtung der Netze zu drücken - und zu den Menschen, die bereit stehen, um ihn zu erschießen oder zu erschlagen.
Diese Fangmethode ist mit einem enormen Aufwand verbunden und gleichzeitig sehr teuer: Die Kosten für solch ein Fangnetz mit Zubehör werden 1764 mit 800 Talern angegeben, was nach vorsichtiger Umrechnung etwa 10.000 Euro entspricht. Auch die Bevölkerung der Schorfheide, die für diese generalstabsmäßig organisierten Jagden parat stehen muss, begehrt desöfteren auf; jedoch wird die exakte Durchführung der Wolfsjagden meist hart und mit strengen Befehlen durchgesetzt.
Auch den Wölfen nutzt das wenig: Zwischen 1600 und 1904 werden in Brandenburg, der Neumark und Pommern 3.820 Wölfe erlegt.